Was passiert mit Frauen, wenn sie ihre Tage haben?

Interview: Nadine Kaminski
AS

Dr. med. Anne-Cathrin Stahr

Das erste Mal ist scary, geheimnisvoll und irgendwie auch cool: Wenn Frauen ihre Periode kriegen, fühlen sie sich von einem Tag auf den anderen etwas erwachsener. Ab jetzt werden sie jeden Monat einmal daran erinnert, dass sie die mit der Gebärmutter sind. Aber was für ein verrückter Prozess läuft da eigentlich so regelmäßig – und raffiniert – in ihnen ab? Das erklärt die Gynäkologin Dr. med. Anne-Cathrin Stahr aus München.

Der “weibliche Zyklus” - was ist das überhaupt?

AS     Ab dem Zeitpunkt der ersten Regelblutung, meist zwischen dem 10. und dem 14. Lebensjahr, kann ein Mädchen theoretisch Kinder bekommen. Der erste Tag der Blutung ist auch der erste Zyklustag.

 

Der Zyklus dauert bei einer erwachsenen Frau etwa 28 plus/minus 5 Tage. Zwischen Tag 5 und 14 entwickelt sich im Eierstock ein Eibläschen, auch Follikel genannt. Um Tag 14 herum „springt“ es heraus (daher sagt man „Eisprung“) und wird vom Eileiter aufgefangen, der es in die Gebärmutter transportiert. Während das passiert, bildet der Follikel das weibliche Geschlechtshormon Östrogen, das für den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut zuständig ist. Vom 15. bis zum 28. Zyklustag wird die Schleimhaut dann weiter aufgepolstert und umgebaut, sodass sich eine befruchtete Eizelle optimal in der Gebärmutter einnisten könnte.

 

Dafür sorgt das Hormon Progesteron, das vom sogenannten Gelbkörper gebildet wird – der wiederum ist aus der leeren Hülle entstanden, die der Follikel im Eierstock zurückgelassen hat. Ein eingespieltes Team also, das seinen Job macht, um den Körper nach dem Eisprung auf eine Schwangerschaft vorzubereiten. Wenn die Eizelle aber nun nicht befruchtet wird, bildet sich der Gelbkörper ab dem 22. Zyklustag zurück und mit ihm das Progesteron. Für die Blutgefäße in der Gebärmutterschleimhaut gilt das als Signal „Operation abbrechen!“: Sie ziehen sich so stark zusammen, dass es zu einer Sauerstoffunterversorgung in dem umgebenden Gewebe kommt. Die Schleimhaut wird so geschädigt, dass sie blutet und ihre oberste Schicht abstößt. Das Blut und die abgestorbenen Zellen werden dann durch die Vagina nach draußen transportiert – wo wir sie als Menstruation wahrnehmen. Die monatliche Blutung ist also ein Zeichen dafür, dass du nicht schwanger bist.

Wieso bin ich in den Tagen vor meiner Periode oft so mies drauf?

AS     Die Ursachen sind nicht völlig geklärt. Man nimmt an, dass die Hormone Östrogen und Progesteron mit ihren Schwankungen im Zyklus auch andere Hormone und Nervenbotenstoffe beeinflussen. So zum Beispiel den Neurotransmitter Serotonin, den man auch als „Stimmungshormon“ kennt: Nach dem Eisprung nimmt der Gehalt dieses natürlichen Stimmungsaufhellers im Körper stetig ab, kurz vor Menstruationsbeginn sinkt er komplett in den Keller. Das kann sich beinahe depressionsähnlich anfühlen.

Spricht etwas dagegen, dass ich während meiner Periode Sex habe?

AS     Das ist prinzipiell unproblematisch. Allerdings ist während der Periode der Gebärmutterhals leicht geöffnet, sodass Krankheitserreger leichter eindringen und bis in die Gebärmutter hochsteigen können. Also wenn Sex, dann am besten mit Kondom.

Kann ich schwanger werden, während ich meine Tage habe? 

AS     Das ist unwahrscheinlich, aber möglich. Der Eisprung und damit die fruchtbarste Phase findet normalerweise 14 Tage vor Beginn der Periode statt. Bei einem Zyklus von 28 Tagen, wobei Tag 1 der erste Blutungstag ist, ist die Ovulation also an Tag 14.

 

Leider können Spermien etwa fünf Tage, in Ausnahmefällen bis zu einer Woche, überleben. Hat man zum Beispiel sieben Tage lang seine Monatsblutung und währenddessen Sex, können die Spermien durchaus bis Tag 14 überleben. Außerdem wird die Zyklusdauer von diversen Faktoren beeinflusst und kann unterschiedlich lang sein. Also bitte nicht den Eisprung selbst ausrechnen und dann Pi mal Daumen verhüten: Gerade in der Pubertät sind die Zyklen oft alles andere als stabil, und der Eisprung kann sich unbemerkt verschieben.

Rückenschmerzen, Magenkrämpfe, Durchfall – woher kommen die ganzen komischen Beschwerden während der Periode? 

AS     Um die 25 Prozent aller Frauen haben eine angeborene Rückwärtsknickung der Gebärmutter, was zu Rückenschmerzen führen kann. Was die Verdauung betrifft, ist vor allem das Progesteron der Übeltäter. Mit dem Eisprung steigt der Progesteronspiegel, wie wir wissen. Das verlangsamt oft die Verdauung – Verstopfung und Blähungen sind die Folge. Kurz vor der Periode fällt der Progesteronspiegel dann stark ab, was zum Gegenteil führen kann. Auch schwellende und dadurch schmerzende Brüste, Hautunreinheiten und Wassereinlagerungen (manche nehmen bis zu vier Kilo zu!) haben mit den sich ändernden Hormonpegeln zu tun.

Ab welchem Alter kann ich Tampons benutzen?

AS     Ab der ersten Periode. Es gibt keine Altersbeschränkung. Die Sorge mancher Mädchen, beim Einführen eines Tampons das Jungfernhäutchen zu verletzen, ist unbegründet. Durch den Östrogeneinfluss ab der Pubertät wird das Häutchen weicher. Außerdem hat es in der Mitte eine natürliche Öffnung, die Tampons durchlässt. Wichtig: Den Tampon spätestens alle acht Stunden wechseln, denn Blut ist bei Keimen als Nährboden sehr beliebt.

Was kann ich außer Binden oder Tampons benutzen, um das Blut aufzufangen?

AS     Seit einigen Jahren gibt es Menstruationstassen aus Silikon in unterschiedlichen Größen. Man kann sie mittlerweile in jedem Drogeriemarkt kaufen. Einfach mal ausprobieren und schauen, womit du dich am wohlsten – und sichersten – fühlst.