Was sind Geschlechterrollen?

MB

Michael Buchinger

YH

Yannic Hefermann

„Brave Mädchen“ und „echte Männer“: Von Kindheit an werden wir mit Geschlechterrollen konfrontiert. Weltweit. In allen Gesellschaften. Es gibt Vorstellungen davon, wie Mädchen und Jungen zu sein haben, um sie dann wiederum mit zweierlei Maß zu messen. YouTuber und Autor Michael Buchinger über Gender, Geschlechterrollen und wie sie unser Denken und Handeln beeinflussen.

Was bedeutet Gender überhaupt?

 

„Gender“ ist dieser Tage ein geflügelter Begriff: Wir lesen von Gendermarketing, kritisieren Genderrollen und beklagen uns über den Gender-Pay-Gap. Aber was bedeutet denn der Anglizismus Gender überhaupt? 

 

Fun Fact: Gender ist eines dieser Wörter, für die es keine gleichwertige deutsche Übersetzung gibt – wie bei „awkward“; einem Wort, dessen fehlendes Äquivalent im Deutschen mir seit Jahren den Schlaf raubt. Wie übersetze ich das denn bloß? „Ungeschickt“? „Peinlich“? Nun, so ähnlich ist das mit Gender. 

 

Am ehesten kann Gender wohl als „soziales Geschlecht“ bezeichnet werden: Gender ist die Geschlechtsidentität des Menschen als soziale Kategorie. Das heißt, eine Person, die mit dem biologischen Geschlecht „Mann“ geboren wurde, muss in ihrem Alltag nicht zwingend als Mann leben, wenn sie sich nicht als Mann fühlt, sondern kann etwa das soziale Geschlecht oder Gender „Frau“ und somit eine weibliche Geschlechterrolle annehmen.

Was sind Geschlechterrollen? 

 

Geschlechterrolle? Was bedeutet das denn schon wieder? Vereinfacht ausgedrückt werden als Geschlechterrollen all jene Verhaltensweisen bezeichnet, die „typisch männlich“ und „typisch weiblich“ sind. 

 

Obwohl das im ersten Moment wie das uralte Material von durchschnittlich talentierten Stand-up-Comedians klingt, sind Geschlechterrollen in Wahrheit Verhaltenscodes, die sich über Jahre hinweg in der Gesellschaft eingebürgert haben. Das könnte ganz banal etwa bedeuten, dass eine „typische Frau“ sich um die Kinder kümmert, den Haushalt schmeißt und sich mit ihren Freundinnen zum Kaffeeklatsch trifft, während ein „typischer Mann“ der Geldverdiener in der Familie ist und nebenbei wahrscheinlich auch noch Rennsport und Bier liebt. 

 

Zugegeben, das alles klingt natürlich stark nach einer Klischee-Sitcom aus den Fünfzigerjahren, war aber tatsächlich lange Zeit die gängige Norm. Selbstverständlich können sich auch Männer um Kinder und Familie kümmern, während Frauen arbeiten gehen, und in den vergangenen Jahren hat sich diese Wahrnehmung – zum Glück! – geändert. 

 

Heute wissen wir nämlich, dass diese Geschlechterrollen veraltet sind und durchaus schädlich sein können: Jungs und Mädchen, die etwa Interessen haben, welche nicht „typisch“ für ihr biologisches Geschlecht sind, könnten sich dafür schämen und unter Druck gesetzt fühlen.

„echte Männer dürfen nicht weinen? wie beknackt! Wir haben als Gesellschaft bestimmte Vorstellungen von Männlichkeit, die nicht nur schädlich, sondern gefährlich sind – und zwar für alle Geschlechter. denn: wir alle sind Menschen, und bisweilen muss jeder einfach mal losheulen (dürfen).“

Michael Buchinger

Bei Klischee-Klatsche: Schnell ducken

 

Nehmen wir als Beispiel die beliebte Annahme, dass „echte Männer“ – was auch immer das bedeutet! – nicht weinen dürfen; 

 

ein beknacktes Vorurteil, das ich vor allem in meiner Schulzeit oft gehört habe. Jungs wird dadurch von klein auf eingeredet, dass es für knallharte Kerle nicht okay sei, Gefühle zu zeigen. Das ist natürlich Humbug! Wir alle sind Menschen und haben Gefühle, und hie und da muss auch einfach mal geweint werden. Doch weil sie das Gefühl haben, ihrer Geschlechterrolle gerecht werden zu müssen, geben sich viele Jungs taffer, als sie eigentlich sind, und stehen nicht zu ihren Gefühlen, was – wenn ihr mich fragt – eher suboptimal ist. 

 

Wir alle – egal ob männlich, weiblich oder irgendwas dazwischen oder daneben – sollten uns fühlen dürfen, wie wir wollen, und mögen dürfen, was wir wollen, ohne dabei irgendeiner veralteten Geschlechterrolle gerecht werden zu müssen. 

 

Hoffentlich konnte ich euch mit diesem kleinen Ausflug in die Begriffserklärungswelt einen Überblick über Gender und Geschlechterrollen geben, der euch informiert und auch ein bisschen unterhalten hat. Und nicht vergessen: Seid immer ihr selbst, egal was die anderen sagen. Alles andere wäre ziemlich awkward.